Sonntag, 31.07.2022

weiter bis vor Kitilää - 90 (4180) km

  • WETTER - sonnig - trocken - wenig Wind

Aus der Bar in Pokka ist schwer loskommen. Ich habe viel geschrieben und nebenbei das Flair genossen. Es kamen dann noch Einheimische, zu denen sich die Betreiberin an den Tisch setzte und einen Plausch hielt. Vom Herrn des Hauses, der besser Englisch konnte, habe ich noch erfahren, dass vor allem im Winter viel los ist. 60 km südwestlich liegt an einer Hauptstraße ein Wintersportgebiet und von dort kommen dann viele mit dem Schneemobil und machen bei ihm Pause und tanken das Schneemobil auf. Die Schneemobile gegen "ehrliche" Skilangläufer getauscht, muss ich an die Kneipe auf der großen Iserwiese denken. Und auch unabhängig vom Winter erinnert mich manches ans Isergebirge. Mit Jens waren wir vor einigen Jahren im Frühjahr dort radeln und die Wiesen und Wasserläufe westlich von Izerka haben mit der Landschaft hier auch einiges gemein. 

Also bald wieder mal ins Isergebirge!!

Da die Dame am Tresen kein Englisch versteht und natürlich auch aus Gründen der Höflichkeit notiere ich mir auch ein kleines Vokabular Finnisch. Mein unbeholfenes "Kiitos" nach meiner zweiten Bestellung bringt mir dann gleich ein Lächeln ein.

In Norwegen, stelle ich bei der Gelegenheit fest, ist der Gebrauch des Englischen so üblich, dass ich überhaupt keine Landessprache benutzt habe. Im Nachhinein finde ich das sehr schade und eben unhöflich.

Ich bin wohl gegen 13.30 Uhr in die Bar gekommen. Raus bin ich etwas vor 17 Uhr und wollte noch 100 km fahren. Da ist was schiefgelaufen. Egal wie weit noch, erstmal los. Bald wird aus der guten Straße für 50 km eine Schotterpiste. Aber so glatt gefahren, dass es wenig Unterschied macht.

Oder doch? In Zusammenhang mit der gleichförmigen Landschaft wird der Weg schwer. Als Ablenkung von den nicht zu ändernden Gegebenheiten findet sich schließlich eine mathematische Knobelei (im Kopf) mit realem Hintergrund: ich will wissen, welche Durchschnittsgeschwindigkeit ich im restlichen Finnland fahren muss, damit ich auf eine Gesamtdurchschnittsgeschwindigkeit von 17 km/h komme oder ob das nicht sowieso unrealistisch ist. Das Aufstellen eines Rechenweges ist nicht ganz einfach und ich mags ja, nicht gleich zu rechnen, sondern erst eine Formel auf- und umzustellen, bis sie so einfach wie möglich ist und dann erst richtig zu rechnen. Nun muss ich nicht brüsten, ich habe es mit einfacher Mathematik zu tun und ich brauchte außerdem einige Anläufe bis ein plausibles Ergebnis mir suggerierte, dass ich nicht auf dem Holzweg bin. Jedenfalls muss ich mit den angenommenen Werten und einigen Rundungen jetzt im Mittel 18,5 km/h fahren - was mich beruhigt, weil es schaffbar ist. Also war die Gehirnarbeit nicht ganz nutzlos und am Abend habe ich es nochmal schriftlich nachgerechnet (es gibt hoffentöoch den einen oder anderen, der den Spaß an der Sache nachvollziehen kann und ich selbst erwische mich bei der Vision, an einer großen Tafel tolle Formeln herzuleiten).

Aber da habe ich zu sehr geträumt und ganz verpasst, dass ich schon eine Weile auf holpriger, grob geschotterter Baustellenpiste unterwegs bin (die Straße wird erneuert - ist aber leider noch nicht fertig) und dass die Luft im Hinterrad immer weniger wird. Irgendwann ist es nicht mehr zu ignorieren, ich muss das Hinterrad reparieren und lasse beim Absteigen meinem Ärger mit einem unwilligen Fußtippser ans Hinterrad freien Lauf.

Der hintere Mantel ist hinüber, an vielen Stellen schaut das Gewebe raus. Die Schotterpiste hat dem Mantel den Rest gegeben. Endlich. Wozu fahre ich seit Trondheim den dort gekauften Ersatzmantel spazieren? Also Mantel wechseln und Loch flicken und weiter. Am Ende ist in einer 1/2 Stunde alles erledigt und den alten Mantel wickle ich um eine Baustellenbarke. Die Baustelle ist ja Schuld am Ganzen. Dort werden sich die Straßenbauer drum kümmern, dass er den rechten finnischen Abfallweg findet.

5 km weiter beginnt die alte asphaltierte Straße. Dann noch 15 km zur Hauptstraße und dort noch 20 km. Nach insgesamt 90 km ist Schluss. Mehr geht heute nicht. Vorher finde ich noch Wasser an einer Quelle, die an der Straße ausgeschildert ist ("Lahda" - zufällig suche ich ausgerechnet für dieses Schild die Übersetzung um Handy).