Sonntag, 14.08.2022

Danzig (Gdansk) - Ruhetag

WETTER - sonnig - trocken - windstill

18 Stunden sind es auf der Fähre nach Gdansk - eine lange Überfahrt mit Ankunft erst gegen Mittag auf der sogenannten "Westerplatte", ca 10 km vom Zentrum entfernt. Auf halbem Weg zur Stadt liegt ein Zeltplatz. Ein Badeurlauberzeltplatz - groß, trockene Erdböden unter hohen Kiefern, enggedrängt die Zelte und Autos. Nicht so gemütlich, so dass ich schnell mein Zelt aufbaue und dann in die Stadt husche, für die ich auch morgen noch eingeplant habe.

Polen hat langes Wochenende: Montag ist ein hoher kirchlicher Feiertag UND Gdansk hat Jahrmarkt. Die Stadt platzt aus allen Nähten. In allen Straßen der Innenstadt sind Stände aufgebaut und dazwischen drängen sich die Menschen. Das hatte ich so natürlich nicht geplant.

Trotzdem bin ich nicht abgeschreckt und lasse mich ungeordnet und planlos durch die Gassen treiben. Man kann nicht glauben (erst nach einem Blick in die nüchternen Hinterhöfe), dass die Stadt mindestens ähnlich zerstört war, wie Dresden. 

Zusätzlich zum historischen Wiederaufbau nach dem Krieg kommen in den letzten Jahrzehnten eine architektonisch ansprechende Stadtverdichtung und ein Stadtumbau der alten Häfen. Mit Grauen - da wiederhole ich mich - denke ich auch in Gdansk an den Stadtumbau in Dresden zwischen Leipziger und Elbe und was dort an Chancen vertan worden sind. 

Wirklich angesehen habe ich mir nur die Marienkirche. Eine der vielen gotischen Backsteinkirchen der Stadt und eine der größten Backsteinkirchen in Europa. Innen nicht barock verunstaltet, unter anderem mit einem güldenen spätgotischen Altar. Wände, Säulen und Decke komplett weiß getüncht und (fast zu) schmucklos.

Die Kirche betritt man übrigens durch eine Vorhalle, die früher die Kapelle des Heiligen Olaf von Norwegen war, der im Mittelalter ein beliebter Heiliger gewesen ist. Da schließt sich ein Kreis (trotz meiner Vorurteile gegen Olaf den Norweger).

Und die Kirche war bis einige Jahre nach dem 2. Weltkrieg evangelisch. Da die evangelischen Deutschen aber vertrieben und die neuen Danziger eher katholisch waren, wurde die Kirche Mitte des 20..Jahrhunderts wieder katholisch.

Auf dem Vorplatz habe ich mich dann lange bei Wikipedia und im Internet durchgezappt: Danzig / die Hanse / Lech Wałesa / Beginn 2. Weltkrieg hier in Gdansk / polnischer Korridor im Versailller Vertrag als sehr konfliktträchtiges Konstrukt / neues Museum zum 2. Weltkrieg samt der Diskussionen um die momentane politische Beeinflussung ..... 

Danzig ist nicht irgendeine Stadt. Sehr interessant alles.

An sich hatte ich das Handy um einen Restauranttip gebeten - ich war diesbzgl überfordert. Die Stadt ist ein einziges Restaurant. Wenn man sich da reinfindet und Ruhe hat, findet man bestimmt etwas besonderes. Ich habe es dann wiedermal gelassen. Irgendwann mal mit Uta. So prokrastiniere ich mich an manchen Stellen durch den Urlaub.

Bis Abends kreuze ich durch die Straßen und entdecke immer wieder neue Ecken. Vor allem auch am Wasser - an diversen Flüssen und Kanälen. Direkten Kontakt zum Meer hat Gdansk leider nicht, es liegt (heute oder schon immer) einige km im Land. Dann geht es mit dem Rad wieder zum Campingplatz und vorher - schon im Dunkeln - an den breiten Sandstrand, der westlich von den Hafenanlagen illuminiert wird.