Sonntag, 03.07.2022

Andalsnes / Stangvikfjorden - 140 (1570) km

WETTER - so und so - ab und an Niesel - wenig Wind

Ich bin bei Andalsnes nördlich raus aus den hohen Bergen und wäre weiter nach Kristiansund (Küstenstadt) gefahren. Aber ich habe noch keine Lust auf Küste (kommt noch genug) und es wäre ein Umweg. So habe ich mich für eine Inlandquerung Richtung ONO nach Trondheim entschieden. 

Unterwegs habe ich "gefeiert" - 1500 km gefahren, seit Dresden. Das ist nach jetzigem Stand recht sicher 1/4 der Strecke. Gestern habe ich meine Google-km-Planungen mit den gefahrenen km laut Tacho verglichen und das stimmt überein. So dass ich davon ausgehen kann, dass die geplante Gesamtstrecke von 6000 km einigermaßen stimmt.

Norwegen ist sonntags wie ausgestorben. Die sitzen drin bei Kaffee und Kuchen nur ich kurv' hier rum. Man sieht echt keinen. Dabei haben die oft so schöne Gärten um ihre Holzhäuser. Könnten auch draußen sitzen. Schade. Es ist fast wie in einem Scarymovie (sagt man so) oder wie in einer Qanon-Fantasie. Nur auf der Fähre war mal Gelegenheit zum Reden. Es fragt immer mal einer nach dem Woher und Wohin.

Seit gestern übrigens (Talauffahrt zu den Trollstigen) fällt mir auf, dass ich so gut wie keine Hytta mehr sehe. Und ich finde das angenehm: eher landwirtschaftliche Strukturen mit den verstreuten Bauernhöfen zu durchfahren. Das wirkt belebter (nur nicht sonntags) als die verstreuten Hütten, bei denen ja selten jemand vor Ort ist (vielleicht sonntags).

Ich fahre heute sehr lange in den Abend und habe dann keine Lust mehr zum Zelten, so dass ich mir in einer Bushaltestelle gemütlich mache.

Die Erfahrung des Tages sind aber diverse Tunnel, die ich bewusst auch als Test bzw zum Amgewöhnen benutze  (die Tunnel heute hätte ich auch teilweise auch umfahren können). Also anfangs ein normaler, ordentlicher Hauptstraßentunnel, knapp 3 km lang. Die eigene Beleuchtung ist das Wichtigste. Ich werde nach hinten noch zusätzlich meine batteriebetriebene Leuchte, die ich vorsorglich mitgenommen habe, benutzen, evtl sogar die Stirni rückwärts. Dazu habe ich an den Radtaschen ja noch die reflektierenden Flächen. 

Aus Sinndalsøra raus gen Trondheim führt nur ein Schnellstraßentunnel, den ich garnicht benutzen darf (und will). Ich nehme die alte, ca 10 km lange Straße unten am Fjord lang, die aber auch 3 nicht ganz kurze Tunnel (je knapp 1 km) hat. Und hier mache ich spezielle Tunnelerfahrungen. Die Straße scheint nicht mehr genutzt zu werden, der erste Tunnel hat auf meiner Seite ein offenes Gittertor. Ich fahre rein und bin allein in der Dunkelheit. Plötzlich und unerwartet doch von vorn Lärm und Licht - ein Mopedfahrer. Demnach ist der Tunnel am anderen Ende offen, denke ich mir beruhigend. 

Als ich draußen bin, stelle ich mein Licht vorn höher, damit es mehr den Tunnel ausleuchtet, nicht nur einen kleinen Fahrbahnbereich vor mir. Das nimmt der Sache etwas den Gruseleffekt.

Der zweite Tunnel ist ähnlich, nur dass ich auf meiner Fahrbahnseite ständig irgendwelchen abgestellten Materialien und alten Maschinen ausweichen muss. Es wirkt etwas wie ein Lager oder Müllplatz. Schließlich fahre ich nur noch links. 

Am dritten Tunnel ist nun blöderweise das Tor zu. Soll ich die fast 10 km zurückfahren. Und wenn ja, wie komme ich dann mit dem Rad anders aus Sunndalsøra heraus? Das Tor ist verschlossen, glücklicherweise aber so, dass man es doch öffnen kann. So entscheide ich mich für die Durchfahrt. Sichheotshalber lasse ich das Tor offen, falls ich doch zurück muss und dann aus irgendeinem Grund das Öffnen nicht funktioniert. Es ist wieder ein "Lagertunnel" und am anderen Ende kann ich das Tor ebenfalls öffnen. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Ich weiß,  dass es der Letzte war und bin erleichtert. Bezeichnenderweise steht an einer Schranke 100 m weiter ein ausgeschlachtet PKW ohne Nummernschild ... mysteriöse Gegend denke ich. Aber schon weitere 200 m weiter beginnt ein schöner Sackgassen-Fjordufer-Idylleort (SFIO) mit hübschen Häuschen und lieblicher Atmosphäre, der meinem SVOLVAR - aber andersartigen - Konkurrenz macht.

Hier hätte ich gern übernachtet. Es war aber zu früh.

            = =  o-b                    sausender Radfahrer Richtung Trondheim 

Nicht zu übersehen war übrigens eine große Aluminiumfabrik in Sunndaløra. Hier wird der Wasserkraftstrom genutzt und der Vorteil, dass man gleich am eigenen Kai mit großen Schiffen Material an- und ausliefern kann. Sunndaløra wirkte dadurch natürlich wenig romantisch.