Dienstag, 12.07.2022

Reipa / 20 km vor Bodø - 100 (2480) km

WETTER - sonnig / warm - trocken - wenig Wind

 

Der schönste Tag seit einer Woche. Es ist fast schon zu warm, zumindest an den unzähligen kurzen oder auch längeren Anstiegen, die uns den ganzen Tag über immer wieder überraschen.

Von Reipa sind es noch 120 km bis Bodø, wo die Fähren zu den Lofoten abgehen und wo ich mir telefonisch einen Zahnarzttermin vereinbaren musste: eine provisorische Krone muss neu fixiert werden. Glücklicherweise übernimmt die KV die Kosten in Norwegen. 

Ich fahre heute nochmal mit Fabian, tags drauf in Bodø nimmt er dann aber eine frühere Fähre und wir "trennen" uns nachdem wir unsere Telefonnummern getauscht haben. Zwei Tage zusammen radeln scheint auch aus anderen Berichten das normale zu sein. Ich muss schauen, ob ich das nochmal mache, da es mir zu schwer fällt, dann meine Interessen zu verfolgen. Ganz simpel: ich habe an beiden Tagen viel weniger fotografiert als sonst, da das immer bedeutet anzuhalten, mit den Objektiven hantieren .... und ich das dem Mitfahrer nicht zumuten wollte. 

Nicht abzuhalten war ich davon, bei der Hitze mal in einen  Bergsee zu springen, der aber mindestens 15 Grad hatte, also verhältnismäßig warm war.

Wiedergetroffen habe ich die beiden Norweger (55+), die nach Hause ans Nordkap fahren. Nein, nur den Drahtigen. Er hat uns eingeholt, während sein Kompagnon zu sehr hinterher hing. Bei einer gemeinsamen Pause hat er erzählt, dass er Boot und Häuschen kurz vor dem vorletzten Tunnel vor dem Kap hat - mal sehen, wer eher dort sei. Außerdem hat er uns etwas unserer Exklusivität beraubt: in der Region südlich vom Kap bündeln sich alle Radler, die von FIN / SWE / NOR nordwärts kommen und das seien täglich jede Menge. Hmm! Eigentlich wollte ich die letzten 100 km nicht im Pulk fahren. 

Wer sich auskennt, weiß, dass wir an diesem Tag am Saltstraumen vorbeigekommen sind. Kurz danach haben wir dann (wild) unsere Zelte aufgeschlagen. Der Saltstraumen (Straum = Strom) ist der stärkste Gezeitenstrom der Erde. Wasser strömt hier infolge Ebbe oder Flut durch eine Engstelle zwischen Fjord und Meer, wobei starke und gefährliche Strudel entstehen.

Über den Saltstraumen führt auf einer 40 m hohen Brücke unsere Straße Richtung Bodø, so dass wir von oben den perfekten Blick haben. Wir sind auch zu einer günstigen Zeit hier, denn bei bestimmten Gezeitenständen ist der Strom absolut ruhig.

Die 100 km heute waren erstaunlicherweise viel abwechslungsreicher als an anderen Tagen: mal eine schärenartige Landschaft, mal die steil und schroff aufsteigenden Berge wie in den letzten Tagen, abens Richtung Bodø flacher und stärker besiedelt.

Immer mal kommen wir an den ufernahen Lachsfarmen vorbei, zu denen an Land oft eine große Industriehalle gehört, wo in Tanks die Jungfische herangezogen werden, bevor sie "draußen" ausgesetzt werden. Die Farmen (Aquakulturen) auf See sind vermutlich nach dem Öl der zweite große Exportzweig Norwegens in Milliardengröße. Leider nicht unkritisch - man konsultiere das Internet bevor man kauft (wiederum: nicht alles was im Internet steht ...)

Von unserem Schlafplatz haben wir am Abend einen schönen Blick aufs Meer und in die Bergregionen um Bodø - jene im Süden, die wir in den letzten Tagen umfahren haben und die in weißen Gletscherhauben enden, und jene nördlich von Bodø, ähnlich gewaltig, denen wir durch die Überfahrt auf die Lofoten aus dem Weg gehen.

Es zieht aber zunehmend schlechtes Wetter auf und noch vor Mitternacht verschwinden die Berggipfel in den Wolken.