Dienstag, 26.07.2022

Nordkap auf Magerøya / vor Olderfjord - 110 (3700) km

WETTER - bewölkt/sonnig - trocken - windstill

Ich schicke mal vorweg, dass es mit meinen Eintragungen spärlicher werden kann. Es ist ein wenig die Luft raus und ich muss mich nach dem motivierenden Zwischenziel neu orientieren. Vielleicht ist es jetzt auch nur noch eine sportliche Rückfahrt (was für mich in Ordnung wäre, auch wenn es nicht jeder verstehen könnte). Das muss sich in den nächsten Tagen zeigen. 

Also nicht verrückt werden, wenn hier nichts passiert. Mir geht's gut und bei Uta und meinen Eltern melde ich mich öfter.

Ich bin also ziemlich unmotiviert am Nordkap aufgebrochen. Begleitet von inzwischen überwundenem Halskratzen und ein wenig Husten, was mich unruhig gemacht hat. Die zweite Nacht oben brachte wenig Schlaf und auf der Fahrt heute habe ich immer geschaut, dass ich mich nicht zu sehr anstrenge und nicht schwitze und bei den Abfahrten gebremst, um den Fahrtwind zu minimieren. So macht Radfahren keinen richtigen Spaß. 

Nach Honningsvåg bin ich dann auch nicht mehr rein, habe nur vor der Stadt noch eingekauft. Ich hatte noch 150 g Haferflocken und etwas Honig, brauchte dringend Nachschub. 

Trotzdem wurden es am Ende über 100 km?

Erstens liegt das Kap ja auf 300 m über Null. Es geht also eher nach unten.

Zweitens war es windstill und ab und an sonnig. Also gutes Wetter zum Radfahren. 

Drittens treffe ich am Eingang zum Unterseetunnel, (durch den ich wieder hindurch muss) einige Radfahrer, die gerade hoch auf die Insel kommen. Zwei davon sind aus "Germany" und sie kommen sogar aus Dresden. Vater und Sohn. Sebastian und Karl. Sebastians Eltern (Zapf) kenne ich gut aus unserer Kirchgemeinde und Karls Mutter (Juliane) hat in meiner Kantorei mitgesungen .... ein ziemlicher Zufall. Und Sebastian hat mich bzgl Finnland und auch sonst mit einer optimistischen Sicht wieder ein bisschen aufgebaut. 

Viertens war es aus dem Tunnel raus auf dem Festland klimatisch gleich gemütlicher. Dabei war mir die Insel Magerøya hold. Heute übers Hochland bei Windstille und immer wieder Sonne fahren zu dürfen - vielen Dank! 

Fünftens fand ich die Hinfahrt am Sonntag am Porsangerfjord sehr schön, so dass ich mich grundsätzlich auf die Rückfahrt auf derselben Strecke (die letzten 120 km zum Nordkap sind eine Sackgasse, man fährt sie immer hin und zurück) gefreut habe.

Und Sechstens zog es mich zur Hütte des "Drahtigen". Der war leider wieder nicht da, so dass ich eine Nachricht hinterlasse und kurz darauf in schöner Uferlage das Nachtlager einrichte.

Ich würde mich freuen, wenn sich der "Drahtige" meldet. Da sind noch ein paar Fragen zum Leben hier oben, die hier und da beim Blick ins Land aufkommen. Vor allem erstaunlich ist der Aufwand, der in der Infrastruktur betrieben wird. Die Finnmark ist als Provinz so groß wie Sachsen und Brandenburg zusammen und hat nur 75.000 Einwohner, etwas mehr als Plauen im Vogtland. Immer wieder kommen mir Linienbusse entgegen, die über hundert Kilometer und mehr unterwegs (und fast leer) sind und überall wird in Straßenbau investiert. 

Und die Frage: wie ist es im Winter? Fast möchte ich das mal persönlich erleben. Denn solange man (jetzt) unten am Fjord entlangradelt, sind es zwar keine 30 Grad, wie in Zentraleuropa, aber es ist alles frisch und grün und auch hier noch stehen Schafe und Kühe auf den Weideflächen und man vergisst schnell, dass man sich, übers Jahr gesehen, in einer unwirtlichen Region befindet. 

Oder es ist schwer auszumachen, wieviele der Häuser bewohnt sind (einige wirken verlassen, manche sind es ganz offensichtlich) und welche nur im Sommer bewohnt sind oder nur an Wochenenden (im Sommer) genutzt werden. Wie menschenleer(er) wird es also im Winter. Ein angelegter Gemüsegarten wie auf dem Foto ist selten zu sehen, lässt mich aber darauf schließen, dass mindestens hier jemand das ganze Jahr über da ist. 

Spannend fand ich noch das Gestein (Foto) am Fjordufer. Wir hatten bereits 2017 am Nordkap die schieferartige Schichtung bemerkt, die mir bei der Fahrt am Ufer nun wieder auffällt. Die Schichten sind mal mehrere cm dick oder nur wenige mm, mal wirkt es stabil, mal zerbrechlich, mal stehen die Schichten, mal liegen sie eher ... Vor allem macht es einen eher instabilen Eindruck. Der Googleeintrag zum Nordkap führt mich weiter zum Eintrag über der/die/das "Grauwacke". Wo ich aber aufgebe. Herrliches aber unverständliches Geologen"deutsch" wie ich es aus Baugrundgutachten kenne. Liebe Anne, lässt sich das auch allgemeinverständlich erklären?